Kommunikation ohne Framing. Unmöglich!

Moderator und Kommunikationscoach aus München ist der Meinung, Kommunikation ohne Framing ist nicht möglich


Spätestens nach den US-Wahlen, aber auch nach der öffentlichen Diskussion über das von der ARD beauftragte Gutachten zum Thema Framing, haben wir schon etwas von diesem Thema gehört. Trotzdem stoße ich stets auf Unwissenheit, wenn ich das Thema Framing bei Briefings anspreche. Ich behaupte: Wir betreiben immer Framing – wir geben unserer Kommunikation immer eine Färbung. Wer Framing bewusst einsetzt, sichert sich die Deutungshoheit über die Wirklichkeit. Klingt gruselig, kann aber auch verantwortungsbewusst eingesetzt werden. Hierzu wird oft der Philosoph Roland Barth zitiert: „Sprache ist niemals unschuldig“. Aus diesem Grunde sollte sich jeder über sein Mindset bewusst sein, wenn er vor Menschen spricht.

Framing ist nicht verwerflich, es ist der Treibstoff unserer Geschichten

Framing – der Situation einen Deutungsrahmen geben – passiert in uns ganz automatisch. Ein harmloses Beispiel: Oma Elisabeth fährt mit dem Benz in die enge Garage. Unsere Erfahrungen lassen uns sofort Bilder im Kopf erscheinen. Jeder stellt sich eine Oma vor. Zudem bekommt die Oma sofort ein anderes Aussehen, denn sie steuert ja einen Benz. Und viele denken sich sicher, warum muss sie da selber in die Garage zirkeln. Weil wir Omas selten gute Fahrkünste zutrauen. Das ist grob umrissen der Frame.

10 % Sterberisiko oder 90 % Überlebenschance

Jedem wird klar, wie gezielt wir Worte einsetzen können, um unsere Zuhörer in bestimmte Welten zu führen. Wir können die Rahmen positiv oder negativ setzen. Oder durch bestimmte Begriffe den Fokus setzen. Wenn wir Argumente und Behauptungen wiederholend einsetzen, sprechen wir von Manipulation. Dagegen sollten wir dann als Zuhörer schnellstens argumentieren.

Wenn wir uns nicht über unseren Sprachgebrauch bewusst sind, wird es gefährlich

Es ist ein Tanz auf dem Drahtseil, aber ich erlebe immer wieder, dass Redner bestimmte Wörter benutzen. Beispielsweise: Bombenwetter, Asyltourismus, Blutbad, Steuerlast, Klimakiller, Landesvater. Viele Wörter und Redewendungen sind bei uns seit unserer Kindheit hinterlegt. Da sollten wir uns auf die Spurensuche begeben und schauen, welche Begriffe sollten wir zukünftig mit mehr Bedacht aussprechen. Gar nicht so einfach.

Studien beweisen, dass körperliche Framings am stärksten wirken

Es ist bekannt, dass uns negative Schlagzeilen schneller und intensiver erreichen als positive Nachrichten. Das ist bei uns evolutionär geprägt, dass erhöht unsere Überlebenschancen. Logisch, dass ein eher ängstlicher Mensch, eine stärker ausgebildete Amygdala hat, also mehr Platz für Angst und Stress im Gehirn hat. Die Verwesung der deutschen Mittelschicht, oder das terroristische Blutbad, hat für uns eine stärkere Wirkung, weil jeder von uns Erfahrungen mit Krankheiten hat. Bitte jetzt nicht an eine rote Hüpfburg denken – ohje schon passiert.

Wie gehen wir nun mit Frames um?

Negative Frames, auch Lügen gehören dazu, verankern sich bei uns im Gehirn durch Wiederholungen. Den sollten wir auf der Spur sein. In Diskussionen sollten wir Lügen nicht mit einem Nein oder öffentlicher Abneigung begegnen, sondern mit unseren eigenen Werten kontern. „Sie sind ein egoistisches Schwein!“ – könnten wir damit kontern, dass wir für unsere Meinung stärker vertreten und uns nicht so leicht abbringen lassen. Und vielleicht noch einen draufsetzt, dass man Vegetarier ist. Die Zuschauer verzeihen einem in diesem humorigen Fall. Wir verwenden keinesfalls in unserer Antwort die Begriffe: Egoistisch oder Schwein. Greifen wir die Wörter unseres Gesprächspartners auf, verstärken wir die Argumentation unseres Gegenübers.

Sollten wir von Flüchtlingen hören, befinden wir uns schon implizit im Framing. Der Flüchtling ist männlich. Alle männlichen Merkmale werden bei dem Wort in uns hervorgerufen. Aus der Situation können wir aussteigen, indem wir das Wort die Geflüchteten benutzen. Wir haben den Frame durchbrochen. Nächstes Beispiel: Erneuerbare Energien impliziert, dass wir Sonne, Erde und Wind abnutzen, um dann wieder durch uns erneuert zu werden. Positiv und ehrlich wäre, saubere und unendlich verfügbare Energiequellen.

Schneckentempo versus Schrittgeschwindigkeit

Im Säuglingsalter werden Begriffe verankert, wie hell und dunkel, oben und unten. Diese Primär-Metaphern sind lange vor unserem Spracherwerb in unserem Bewusstsein verankert. Das veranschaulicht die Bedeutung des Framings. Säuglinge wissen, dass es oben gut und unten gefährlich ist, da sie am Boden hilflos sind. Deshalb sagen wir ja auch, wir sind niedergeschlagen oder ich habe ein Gefühlshoch. Metapher, die hier wirkt: Die Preise steigen in den Himmel. Die Wirtschaft geht in den Keller. Weiteres Beispiel: Ein süßer Hund (anstelle von lieb) aktiviert die Geschmacksregion und folglich positive Gefühle.

Achtung Frames sind nicht immer Metaphern – metaphorische Frames

Ein wissenschaftlicher Versuch belegt: Bei der Benennung von Wirbelstürmen, werden die Unterschiede deutlich. Heißt der Wirbelsturm Harry, haben die Menschen mehr Angst vor dem Sturm und evakuieren schneller, als bei der Benennung nach dem Namen Susi. Fazit: Ist der Name des Unwetters männlich, können mehr Menschen überleben.

Wie setzen wir Frames bewusst ein?

Wenn wir Menschen motivieren wollen, stellen wir die Fragen ganz anders. Es geht darum Dinge und Sachverhalte umzudeuten, zu framen, um Zukunftsvisionen und Innovationen in unseren Köpfen hervor zu rufen.

Ein Beispiel:

Drei Jahre Baustelle, Verkehrschaos und ausufernde Kosten. Was ist das? Ein öffentliches Bauprojekt. Nicht ganz, das würde zehn Jahre dauern und es käme zur Kostenexplosion.

Anders gedeutet geht es jetzt um das Ziel:

Nach dreijähriger Bauzeit sparen wir täglich 30 Minuten Fahrzeit, wenn wir in die City wollen. Barrierefrei, leise und klimatisiert. Im rollenden Wohnzimmer mit Entertainment-System und einer zugfreien Frischluftbelüftung ans Ziel. Weniger Verkehr, mehr Platz für Bäume und Bänke – mehr Lebensraum usw. … Natürlich etwas überspitzt dargestellt, um die Richtung zu verdeutlichen.

Um Innovationen einem breiten Publikum vorzustellen, muss man reframen. Altbekanntes in einem neuen Bild zusammenstellen. Framing ist wie eine Mona Lisa, es kommt auf den Blickwinkel an.

 

Ihre persönliche Checkliste:
Wie nutze ich Framing bisher und wie setze ich es ein?

  • Als Erstes schauen Sie sich an, wie Sie kommunizieren. Lesen Sie Ihre Briefe, Artikel oder schauen Sie Ihre Videos an. Falls nicht vorhanden führen Sie ein einstündiges Gespräch mit Ihren Eltern über Moral oder Politik. Danach sollte Ihnen klar sein, in welchem Mindset Sie unterwegs sind.
  • Beobachten Sie sich im Alltag. Wann wird geframt, wann bemerken Sie es bei sich selbst. Fangen Sie mit kleinen Übungen an. Sollte bei Regenwetter, das schlechte Wetter thematisiert werden, richten Sie den Blick auf die schönen Tage am Wochenende. Zeigen Sie bei tiefen Temperaturen Alternativen auf. Der norddeutsche würde trocken sagen: „Es gibt kein schlechtes Wetter, nur die falsche Kleidung.“
  • Fangen Sie in Gesprächen an, mit Frames zu spielen, beobachten Sie dabei Ihre Gesprächspartner. Wenn Sie Zeit und Lust haben, machen Sie A- und B-Vergleiche. Finden Sie andere Worte und Begriffe sowie Deutungen für allgemein bekannte Routinen. Begegnen Sie rhetorisch konfliktbeladene Situationen mit positiven Assoziationen. Sie werden bemerken, die Gesprächspartner adaptieren Ihre Emotionen.
  • Sollte eine Präsentation bevorstehen, gehen Sie diese nach Framings durch. Setzen Sie bewusst welche.
  • Bleiben Sie kritisch und sprechen Sie mit anderen über die Macht der Sprache.

Mehr zum Thema: Was macht Sprache mit unserem Denken?

Elisabeth Wehling, aus Hamburg, Kognitionsforscherin an der University of California in Berkeley und Autorin des Buches:
Politisches Framing. Wie eine Nation sich ihr Denken einredet – und daraus Politik macht. Herbert von Halem Verlag

Inspiriert von folgendem Video:
Die Macht der Sprachbilder – Politisches Framing und neurokognitive Kampagnenführung. Vortrag auf der republica vom 08.05.2017 – 16:00 Uhr:

Inspiriert von folgendem Artikel: Wie mächtig Framing wirklich ist

#Framing #Kommunikationstraining #Moderation #Gesprächsrhetorik #Rhetorik

Bildnachweis // Fotografin Heidi Abt, München